Repräsentatives Kapitel

Vorwort 
Mit einem repräsentativen Kapitel versucht man als Autor einen Verlag auf sich aufmerksam zu machen und sein Interesse daran zu wecken, auch das restliche Manuskript lesen zu wollen. Ebenso hilft es der noch unschlüssigen Leserschaft bei ihrer Entscheidung, ob es sich lohnt, das Buch zu kaufen, um es sodann mit großer Neugierde zu lesen.

Nachfolgend ein kleines "Schmankerl" aus meinem Roman Harry in Love.

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen!


>>Isabel?! Alles okay mit Dir??? Du schaust aus, als hättest Du gerade einen Geist gesehen!“, kam es prompt von Harry, der umgehend wieder Herr über seine Sinne war. Isabel sah zuerst verschreckt zu Harry herüber, ehe sie sich ihre bandagierten Hände vors Gesicht hielt und verzweifelt anfing zu weinen. Sofort schnallte sich Harry ab und rutschte in die Mitte der Rücksitzbank und zog Isabel spontan in seine Arme. Ihm wurde gleichzeitig heiß und kalt, weil er nicht wusste, was gerade mit Isabel los war, doch es brach ihm das Herz, sie so leiden zu sehen. Beruhigend strich er ihr über den Rücken und hauchte ihr abermals zärtlich kleine Küsse aufs Haupt.

Nach einer Weile hatte sich Isabel wieder einigermaßen gefasst. Sie brauchte jedoch trotzdem drei Anläufe, bis sie sagen konnte: „Bitte entschuldige, dass ich mich hab gehen lassen ...“

„Kein Problem, wenn es Dir jetzt besser geht?!“ Isabel stieg prompt die Schamesröte wieder ins Gesicht. Doch Harry überging dies und strich ihr zärtlich über die rechte Wange. Sie schreckte sogleich zurück. Harry ballte die Fäuste. Er wurde einfach nicht schlau aus ihr! Trotzdem startete er einen letzten Versuch ihr Herz zu erobern: „Und wie geht es nun weiter?“, fragte Harry als Erstes.

Isabel hob die Schultern. „Keine Ahnung.“

„Meinst Du nicht auch, dass wir es einfach einmal miteinander probieren sollten?“, wagte sich Harry weit vor.

Isabel hatte prompt Schmetterlinge im Bauch, trotzdem wehrte sie ab. „Harry, das hat doch keinen Sinn! Über kurz oder lang hauen wir uns eh wieder nur die Köpfe ein ...“

„Aber vielleicht gibt es auch nur deshalb so viele Missverständnisse, die sich dann, wenn endlich dieses elendige Katz-und-Maus-Spiel aufhört, in Luft auflösen?!“, hoffte Harry inständig.

„Glaubst Du das wirklich?“, fragte Isabel daran zweifelnd.

Harry kam nicht umhin zu grinsen. „Wahrscheinlich nicht. Aber einen Versuch wäre es wenigstens wert. Wer nicht wagt, ...“

„Der nicht gewinnt!“, beendete Isabel den Satz. „Diese Worte hast Du heute schon einmal gesagt.“

„Womöglich ist an ihnen etwas Wahres dran ...“, warf Harry mit einem spitzbübischen Lächeln in den Raum.

Unweigerlich musste nun auch Isabel lächeln, ehe sie dann aber wieder ernst wurde. „Harry, ich kann mich nur noch einmal wiederholen: Wir zwei zusammen, das ist wie Feuer und Eis; das geht nicht gut! Und um ehrlich zu sein, ich mag Dich zu sehr, um Dich wieder ganz zu verlieren.“

Harry bekam bei dieser Äußerung ganz große Augen, er glaubte, sich verhört zu haben. Ungläubig schaute er zu Isabel herüber. Als Isabel Harrys Blick mitbekam, errötete sie wieder einmal.

„Entschuldige, ich wollte Dich nicht in Verlegenheit bringen. Aber Deine Worte überraschen mich ein wenig, zumal sie im absoluten Widerspruch zu Deinen noch vor kurzem geäußerten Worten stehen!“, gestand Harry offen.

„Ich weiß! Aber alles, was ich Dir anbieten kann, ist eine lockere Freundschaft.“ Harry nickte, um sich damit einverstanden zu geben. „Ich weiß nicht, ob Du eine Ahnung davon hast, was ich damit meine: Ich verstehe unter einer lockeren Freundschaft keine Freundschaft, in der man sich anruft und sich zu irgendwelchen Unternehmungen wie Kino oder so verabredet. Sie ist eher platonisch. Das heißt, dass wir uns höchstens durch Zufall irgendwo mal treffen. Doch dann trinken wir nicht gemeinsam einen Kaffee. Wir reden, wenn überhaupt, dann vielleicht nur kurz miteinander, bis jeder wieder seine eigenen Wege geht.“

„Und was ist, wenn wir uns durch Zufall zum Beispiel in einer Disco treffen? Wenn Du nämlich weiterhin bei Nick tanzen gehst, ist das unausweichlich“, erklärte Harry. „Ich verspreche Dir, dass ich mittwochs nicht bei Nick auftauchen werde; zumindest nicht mit Absicht!“

„Sollten wir uns tatsächlich einmal bei Nick treffen, werde ich Dir schon nicht aus dem Weg gehen. Ich werde Dir aber auch nicht freudig in die Arme laufen. Und sollten wir rein zufällig in einer Diskothek aufeinandertreffen, wird es wohl notgedrungen auch dazu kommen, dass wir gegebenenfalls miteinander tanzen; solltest Du mich dazu auffordern. Aber mehr als ein Tanz wird es nicht sein und vor allem keine langsame Runde!“, ermahnte Isabel Harry.

Harry atmete tief durch, denn das, was Isabel ihm bot, war nicht gerade viel. Aber wenigstens etwas. Doch reichte ihm das? Konnte er damit leben???

Inzwischen waren sie auf dem Landgut wieder angekommen. Harrys Bodyguard hatte den Anstand bereits auszusteigen und die beiden sich selbst zu überlassen. Er konnte auch noch etwas später den Wagen in die Garage fahren.

„Also, was sagst Du?“, hakte Isabel auf Harrys Schweigen hin nach.

„Nun ja, mir bleibt wohl nichts anderes übrig, als Deinen Vorschlag zu akzeptieren. – Und alles nur, weil ich Dich vorhin missverstanden habe!“, jammerte Harry, mehr zu sich selbst sprechend.

„Nein, Dein Ausraster vorhin ist nicht daran schuld. Er war im Grunde nur das I-Tüpfelchen und bestätigte mir eigentlich nur das, was ich bereits schon vorher beschlossen hatte. Und ich habe für unser beider Wohl so entschieden. Auch, wenn ich zugeben muss, dass es mir nicht ganz leichtfiel: Du hast nämlich ein ganz schönes Chaos in mein Leben gebracht!“, gestand Isabel.

Harry seufzte wieder einmal. Dabei kam ihm ein Gedanke in den Sinn, den er sofort in die Tat umsetzte: „Bitte entschuldige.“

„Für was? Für das Chaos in meinem Leben???“

Harry schüttelte den Kopf.

„Für Deinen Ausraster vorhin? Den habe ich doch schon wieder fast vergessen“, sagte Isabel leger.

„Auch den meine ich nicht“, erklärte Harry ruhig.

„Für was dann?“, fragte Isabel ungläubig und schaute Harry leicht verwirrt an.

Harry musste unweigerlich grinsen und sagte: „Ich entschuldige mich für das, was jetzt kommt ...“

Nun gänzlich durcheinander starrte Isabel Harry ins Gesicht und öffnete fragend leicht die Lippen. Doch just in dem Moment hatte Harry auch schon ihr Gesicht in seine Hände genommen und presste seinen Mund auf ihren. Er legte in diesen einen Kuss all das, was er für Isabel empfand. Er wagte sich bis tief in ihren Mund hinein und liebkoste ihre Zunge. Isabel wurde prompt schwindlig, denn sie wusste in dem Moment nicht, was hier gerade passierte. Hilfesuchend krallte sie sich an Harrys Armen fest, was er sogleich zum Anlass nahm, um Isabel fest in seine Arme zu schließen und ihr all die Geborgenheit zukommen zu lassen, nach der sie sich so sehr sehnte!

Als sich Isabel vom Strudel der Gefühle mitreißen ließ und auf Harrys Kuss eingehen wollte, entzog sich Harry ihr blitzschnell und beendete seinen letzten Satz: „Ich entschuldige mich dafür, dass ich Dich zum Abschied geküsst habe. Ich konnte dem einfach nicht widerstehen!“ Verwirrt blickte Isabel zu Harry, doch er stieg bereits aus der Limousine und ließ Isabel alleine zurück. Isabel saß da und schaute Harry ungläubig hinterher.

Was war gerade passiert??? Das ist doch alles nur ein schlechter Scherz!!!

Unfähig sich zu rühren, blieb Isabel noch eine ganze Weile in dem Auto sitzen. Erst als Mister Kent ihr die Tür öffnete und sie fragte, ob sie nicht lieber doch langsam, aber sicher ins warme Haus gehen wollte, erwachte Isabel aus ihrer bitteren Trance. Geknickt ging sie ins Haus und direkt in ihr Zimmer und schloss sich ein. Sie wusste nicht, ob ihr auf ihrem Rückzug irgendjemand entgegengekommen war und sie angesprochen hatte oder ob sie allein gewesen war, denn sie hatte davon gänzlich nichts mitbekommen. In ihrem Zimmer warf sie sich auf ihr Bett und weinte. Sie ließ ihren Tränen freien Lauf. Doch sie hatte das Gefühl, dass sich mit jeder Träne ihre Kehle nur noch mehr zuschnürte und sie unfähig war, etwas daran zu ändern.

Gegen halb sieben klopfte Thomas Christie an Isabels Zimmertür und erinnerte sie an das Abendessen. Isabel lehnte jedoch ab. Sie hatte keinen Hunger und sehen wollte sie auch keinen von den Windsors; vor allem nicht Harry!


Als es Nacht wurde bekam Isabel leider dann doch noch Hunger und so lugte sie vorsichtig zur Zimmertür hinaus. Im Haus waren bereits alle Lichter gelöscht. Es brannte lediglich in den Schlafgemächern von William und Harry noch Licht. Auf leisen Sohlen schlich sich Isabel in die Küche, wo sie unverhofft auf Mister Kent traf. Sofort wollte sie sich wieder zurückziehen.

„Miss Canningham, bleiben Sie! Ich bin sofort verschwunden. Sie haben bestimmt Hunger? Ich mache Ihnen Ihr Essen warm. Kommen Sie, setzen Sie sich“, forderte Mister Kent Isabel auf und hielt sie bereits am Arm fest. Mit betretener Miene setzte sich Isabel auf den ihr zugewiesenen Barhocker und sah betrübt auf ihre Hände.

„Was möchten Sie trinken?“, fragte derweil Mister Kent.

„Rotwein.“

Umgehend wurde ihr ein Glas eingeschenkt und die sonst noch volle Flasche auf die Arbeitsplatte gestellt. Kurz darauf servierte er ihr das Abendessen: Hühnerfrikassee.

„Ich wünsche Ihnen eine recht geruhsame Nacht“, sagte Mister Kent, als er sich anschließend verabschiedete. „Und Kopf hoch, das wird schon wieder! Seine Hoheit, Prinz Harry, ist im Grunde ein ganz lieber Kerl; nur manchmal etwas aufbrausend ...“

Isabel schloss die Augen und Harrys Bodyguard ging.

Das Erste, was Isabel dann tat, als sie die Augen wieder öffnete, war, ihr Rotweinglas in einem Zug auszutrinken. Anschließend goss sie sich erneut einen kräftigen Schluck ein und nahm ein paar Happen von ihrem Essen. Doch so recht wollte sich kein Appetit darauf einstellen. Also schob sie den Teller wieder beiseite und trank viel lieber erneut ihr Glas leer. Der Wein ist wirklich lecker, kam es Isabel in den Sinn. Harry hat einen ausgezeichneten Weingeschmack. – „Verdammt! Jetzt spukt mir der Kerl schon wieder durch den Kopf!!!“, jammerte Isabel und genehmigte sich gleich noch ein volles Rotweinglas.

Die Flasche war bereits gut über die Hälfte geleert, als Isabel sich entschloss, in ihr Bett zu gehen. Leicht beschwipst stieg sie die Treppen zum Obergeschoss hinauf. Alles war stockfinster, nur ein Lichtkegel schien noch unter einer der Türen durch: Harrys Zimmer!

Isabel stand vor ihrer Zimmertür und war unschlüssig, ob sie jetzt hineingehen oder ob sie vielmehr Harry ihre Meinung zu seinem Kuss sagen sollte. Kurz entschlossen schlich sie zu Harrys Zimmer herüber. Vor seiner Tür atmete sie noch einmal tief durch und klopfte an. Doch durch ihren Verband konnte man kaum einen Laut vernehmen. Aus Verzweiflung trat sie mit ihrem nackten Fuß dagegen, doch noch immer hörte man nichts. Wütend schaute sich Isabel nach etwas um, mit dem sie lauter an die Tür klopfen konnte. Vielleicht war Harry ja schon eingeschlafen und hatte nur vergessen das Licht zu löschen und hörte deshalb nichts. Doch das war Isabel völlig egal, sie wollte mit ihm reden, und zwar jetzt!!!

Auf einem der Sideboards im Flur stand ein kleiner leerer Messingteller. Isabels Augen leuchteten auf, als sie ihn entdeckte. Flugs holte sie sich ihn und haute damit kräftig gegen Harrys Tür. Prompt folgte ein: „Ja?!“ Schnell stellte Isabel den Teller zurück an seinen Platz und wollte gerade die Türklinke betätigen, als die Tür bereits heftig aufgerissen wurde und ihr ein „Was denn noch? Lass mich doch endlich in Ruhe!“ von Harry entgegenkam. Isabel erschrak und wollte sich schnell wieder zurückziehen.

„Isabel???“, rief Harry entsetzt, denn er hatte jemand anderes erwartet. Als er jedoch sah, dass sie sich wieder entfernen wollte, griff er einfach nach ihrem Arm. Und während er sagte „Warte, bitte bleibe hier!“, schob er sie auch schon in sein Zimmer. Anschließend erklärte er: „Bitte entschuldige. Ich wusste nicht, dass Du vor meiner Tür stehst. Ich dachte, es sei mein Bruder, der mich schon den ganzen Abend nervt!“ Isabel schwieg. „Also. Wie kann ich Dir helfen?“, fragte Harry nun etwas ruhiger.

Isabel trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Sie hatte das Gefühl, dass es ein Fehler gewesen war, an Harrys Tür zu klopfen. Doch wie sollte sie jetzt noch den Kopf aus der Schlinge ziehen? Schließlich trug sie bereits sein Pyjamaoberteil, welches sie sonst noch als Grund hätte vorbringen können.

Harry beobachtete Isabel genau und wusste, anhand ihrer Gestik, dass sie etwas auf dem Herzen hatte, ihr jedoch die richtigen Worte fehlten. Um Isabel die nötige Zeit zu geben, die sie brauchte, um sich wieder zu sammeln, fragte Harry lapidar: „Was dagegen, wenn ich mich weiter umziehe? Ich war nämlich gerade dabei gewesen, mich für die Nacht fertig zu machen.“ Isabel errötete, denn erst jetzt bemerkte sie, dass Harrys Gürtel an seiner Jeans offen stand. „Keine Bange, ich werde mich nicht nackt vor Dich hinstellen!“

Schade eigentlich, kam es Isabel prompt in den Sinn und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Da sie jedoch geschwiegen hatte, schaute sie nun nicht schlecht, als Harry sich einfach seine Jeans auszog und diese ordentlich zusammengefaltet über einen Stuhl legte. Anschließend öffnete er sein Hemd und hing es ebenfalls über den Stuhl. Es wirkte fast so, als sei sie gar nicht mit im Raum anwesend. Isabel verfolgte ganz genau jede seiner Bewegungen und als Harry sich daran machte, sein T-Shirt auszuziehen, stockte ihr der Atem. Unbedacht sagte sie: „Wow, hast Du einen sexy Körper!!!“

Harry hielt sogleich in seiner Bewegung inne und schaute irritiert an sich herunter und sagte: „Danke, aber ich hatte auch schon bessere Tage.“ Isabel kicherte ungezwungen.

Harry grinste und zog sich sein Shirt über den Kopf. Doch plötzlich spürte er Isabels Finger auf seinem Körper. Er sog scharf die Luft ein und starrte Isabel perplex an. Doch sie schien wie in Trance, während sie zärtlich über seine Bauchmuskeln strich.

„Was machst Du da?“, fragte Harry und entledigte sich schnellstens seines T-Shirts, welches zerknüllt auf dem Fußboden landete.

„Ich weiß nicht, ich betrachte eigentlich nur Deinen Körper“, flüsterte Isabel.

„Und was wird das, wenn es fertig ist?“, hakte Harry nach.

Verwirrt schaute Isabel zu Harry auf.

„Ich glaube, es ist besser, wenn Du jetzt in Dein Bett gehst. Mir ist das hier nicht ganz geheuer!“, offenbarte Harry und wollte Isabel wieder aus seinem Zimmer führen. Doch Isabel wehrte ihn ab und gewahrte zwei Meter Abstand. Erneut überwältigte sie der Anblick von Harrys nacktem Oberkörper und seinen muskulösen, schlanken Beinen.

Er war nur noch mit einer rosafarbenen Shorts bekleidet.

Erneut trat sie auf ihn zu und berührte seine starken Oberarme. Harry atmete tief durch und rang um Fassung. Dabei strich ihr sein warmer Atem über das Gesicht. Isabel lächelte verträumt und wisperte: „Harry, bitte küss mich noch einmal so, wie Du mich heute Nachmittag im Wagen geküsst hast.“

Harry stockte der Atem. Verwirrt sah er zu Isabel herunter, die derweil sanft über seine Arme strich. Sogleich zuckten seine Armmuskeln unter ihrer Berührung. Amüsiert fing Isabel an zu kichern. „Bitte entschuldige, aber das sieht lustig aus“, erklärte sie.

Harry stieg dabei der Geruch von Rotwein in die Nase. Ernst fragte er: „Isabel, hast Du was getrunken?“ Isabel legte den Kopf schief und verdrehte verträumt die Augen. Das reichte ihm schon als Antwort. „Ich bringe Dich jetzt in Dein Zimmer!“, bestimmte er.

„Aber ich will nicht! Ich will, dass Du mich küsst!!!“, beschwerte sich Isabel.

„Isabel!“, ermahnte Harry.

„Harry!“, rief Isabel protestierend zurück. „Erst willst Du was von mir und jetzt, wo ich hier vor Dir stehe, schickst Du mich wieder weg?!“

„Isabel, Du bist wieder einmal dem Rotwein verfallen; was mir ehrlich gesagt etwas Sorgen macht!“, gab Harry ihr zu verstehen.

„Warum? Es waren doch nur ein ... zwei ... drei Gläschen ...“

„Das war für Dich anscheinend schon zu viel!“, seufzte Harry. „Du wirst morgen einen ganz schönen Brummschädel haben.“

Isabel zuckte gelangweilt mit den Schultern.

Harry schüttelte verständnislos den Kopf. Gleichzeitig wurde ihm jedoch klar, dass er, bis vor kurzem, auch nicht anders reagiert hätte. Er konnte ihr somit noch nicht einmal einen Vorwurf machen, dass sie etwas zu tief ins Glas geschaut hatte. Schließlich war er selbst kein Kind von Traurigkeit und hatte nicht nur einmal einen über den Durst getrunken. Trotzdem hieß er es nicht gut und hätte, wenn Isabel seine Tochter gewesen wäre, sie sogleich übers Knie gelegt. Welche Ironie, kam es Harry in Sinn, nur zum Lachen war ihm dabei nicht zumute.

Ganz in Gedanken versunken erschrak er, als Isabel plötzlich direkt vor ihm stand, ihn ansah und sagte: „Harry, liebe mich!“

„Was?!“, schrie es umgehend aus ihm entsetzt heraus.

„Liebe mich!“, wiederholte Isabel völlig ruhig.

„Nein!!!“

„Doch!“, gab Isabel trotzig von sich.

„Isabel! Du weißt nicht mehr, was Du da sagst!!! Los, hau ab! Hinfort in Dein Zimmer! Aber schleunigst und schlaf Deinen Rausch aus!“, befehligte Harry gereizt und fasste Isabel grob bei der Hand, um sie hinter sich her zu ziehen. Prompt jaulte Isabel vor Schmerzen auf. Harry ließ sie sofort entsetzt wieder los. Er hatte für einen Moment ihre Verbrennungen vergessen! Kein Wunder, denn die Stützbandagen waren hautfarben ...

„Bitte verzeih! Das wollte ich nicht!“, sagte Harry ehrlich. Isabel schwieg und sah bedrückt zu Boden. Ihr liefen unweigerlich kleine Tränen über die Wangen. Der Anblick war für Harry wie ein Dolchstoß. Ach, verdammt! Unverzüglich nahm er Isabel in seine Arme und tröstete sie.

Isabel hatte die Augen geschlossen und während sie seinem rhythmischen Herzschlag lauschte, beruhigte sie sich wieder. Sie sog seinen Duft ein und schmiegte sich zärtlich an seinen nackten Oberkörper.

„Du riechst gut“, kam es kurz darauf von ihr. Prompt versteifte sich Harry erneut und versuchte vorsichtig, Isabels Hände von seinem Rücken zu nehmen. Doch sie bockte und klammerte sich regelrecht an ihn.

Harry atmete tief durch, denn so langsam verlor er die Geduld. „Isabel. Bitte lass mich los. Das bringt doch nichts!“

„Nur, wenn Du mich nicht wieder wegschickst!“

Harry seufzte. „Okay“, log er. Naiv wie Isabel in ihrem beschwipsten Zustand war, ließ sie ihn los. Sofort packte er Isabel an den Oberarmen und schob sie in Richtung Zimmertür. Doch Isabel schrie laut auf und wand sich aus Harrys Griff und rannte hinüber zu seinem Bett, wo sie sich am hinteren Bettpfosten festklammerte. Harry resignierte, denn er hatte bereits Bedenken, dass Jane oder William von dem Lärm aus seinem Zimmer wieder erwachen könnten. Die Situation hier war ihm jetzt schon peinlich genug! Er seufzte erneut.

„Also schön. Wenn Du nicht gehen willst, dann werde ich es halt tun. Ich wünsche Dir eine gute Nacht!“, sagte Harry und begab sich erneut in Richtung seiner Zimmertür, um es sich notgedrungen auf der Couch im kleinen Wohnzimmer bequem zu machen. Isabel war jedoch schneller und umfing ihn prompt mit ihren Armen von hinten. Just in dem Moment, in dem er die Türklinke ergreifen wollte.

Harry stand stocksteif da und starrte mit zusammengebissenen Zähnen auf den beigefarbenen Anstrich seiner Zimmertür.

Plötzlich keuchte er auf, denn Isabel küsste ihn zärtlich auf den Rücken. Sogleich schoss sein Puls in die Höhe und ihm trat der Schweiß auf die Stirn. Tausend Schmetterlinge schlugen in seinem Bauch Purzelbäume, so dass es schon schmerzte. „Isabel!“, japste Harry, um seine Beherrschung ringend. Doch Isabel küsste weiterhin seinen Rücken. Kurz darauf wanderte sie langsam um seine linke Schulter herum und strich ihm mit ihren Händen über die Brust. Sie konnte trotz des Verbandes seinen kräftig beschleunigten Herzschlag spüren.

Harry sah flehend gen Zimmerdecke und betete um Geduld und Kraft. Als er den Blick wieder senkte, sah Isabel ihm tief in die Augen. In ihrem Blick lag aufrichtige Liebe. Harry lief es heiß und kalt den Rücken herunter. Er schloss mit einem tiefen Seufzer für einen kurzen Moment die Augen, um sich zur Ruhe zu ermahnen. Als er seine Augen wieder öffnete, sah er ihr eindringlich ins Gesicht. Ihre Wangen schimmerten tief rosa und er konnte nicht genau sagen, ob dies nur allein vom Alkohol herrührte, denn in dem Blick, den Isabel ihm zuwarf, stand zudem eine solch quälende Sehnsucht, dass Harry sich beinahe vergaß. Er musste sich regelrecht zwingen, seinen Blick aus ihren funkelnden, dunkelgrünen Augen zu nehmen. Doch nun hatten sich seine Augen auf ihren sinnlichen, dunkelroten Mund geheftet. Isabel erahnte seine Gedanken und legte ihm prompt ihre Hände um den Hals, um ihm so näher sein zu können.

Während sich ihre Körper halb berührten, strich sich Isabel unbedacht mit der Zunge über ihre trocken gewordenen Lippen. Abermals sog Harry heftig die Luft ein und pustete sie anschließend heftig wieder aus. Er war sich unschlüssig, was er mit Isabel machen sollte. Himmel, Herrgott! Wie sehr er sie doch begehrte! Und doch wusste er, wenn er sich ihr jetzt hingeben würde, würde es morgen ein böses Erwachen geben; und zwar für sie beide!!! „Isabel, bitte geh jetzt in Dein Zimmer und lass mich allein!“, gab Harry mit brüchiger Stimme von sich. Und während er seine Hände um ihre Handgelenke legte, um diese von seinen Schultern zu ziehen, fügte er noch hinzu: „Ich kann sonst für nichts mehr garantieren ...“

Doch Isabel protestierte abermals.

„Isabel! Willst Du oder kannst Du nicht verstehen?! Geh verdammt noch mal in Dein Zimmer, ich will Dich hier nicht haben!!!“

„Und warum hast Du mich dann vorhin so vielversprechend geküsst, wenn Du doch nichts von mir willst?!“, fragte Isabel verwirrt und sie musste hart an ihren aufsteigenden Tränen schlucken. „Macht es Dir Spaß, kleine Spielchen zu spielen und mich dann ins offene Messer laufen zu lassen?!“

Harry schwieg und sah nur mit gequältem Gesichtsausdruck zu Isabel herüber. Prompt sammelten sich erneut die Tränen in ihren Augen und liefen ihr sodann übers Gesicht.

„Isabel ...“, setzte Harry an, um sich ihr gegenüber erneut zu erklären. Doch sie unterbrach ihn.

„Ich wusste es! Ich wusste es von Anfang an: Du bist und bleibst ein arrogantes Schwein, dass die Schwäche anderer schamlos ausnutzt und ...“

Nun war es Isabel, die nicht weiter kam, denn Harry hatte bereits Besitz von ihren Lippen ergriffen und küsste sie mit solch einer Innigkeit, dass beiden davon regelrecht schwindlig wurde. Reflexartig legte Isabel ihre Arme wieder um Harrys Hals und schmiegte sich unbedacht mit ihrem Körper an seinen. Harry stöhnte unweigerlich auf und schob Isabel einen halben Meter weit von sich weg. Sein Blick heftete sich jedoch sogleich wieder sehnsüchtig auf ihren süßen Mund.

Mit heftigem Herzrasen sah Isabel verwirrt und fragend zugleich zu Harry herüber.

„Kätzchen, bitte geh jetzt: Das ist Deine letzte Chance, wenn Du nicht willst, dass es zum Äußersten kommt! Ich habe mich kaum mehr unter Kontrolle und Du bist so sinnlich ... Ich liebe Dich, Isabel! Doch ich weiß nicht, ob meine Liebe stark genug ist für uns beide?<<


veröffentlicht auf Seite 66-75 am 11.12.2013
unter dem Arbeitstitel "Zorn und Zärtlichkeit" in
Winter Märchen Haft
Winter-Anthologie 2013 - Band 2
Wolfgang Bader (Hrsg.) bei novum pro


ISBN: 978-3-99038-499-2


... und wer jetzt denkt, ich hätte Euch mit diesem Auszug doch schon das Ende des Romans verraten, der liegt gänzlich falsch: Mein Roman umfasst insgesamt 50 Kapitel und der Text hier ist aus Kapitel 12 ...