LESEPROBE zu meiner Biografie

LESEPROBE zu meiner Biografie

Hinweis:
Bei diesem Roman handelt es sich um eine autobiografische Geschichte mit psychosomatischem Hintergrund, allerdings ist die zwischenmenschliche Handlung der beiden Protagonisten frei erfunden.


Tag 8

Es war Abend geworden und Sandra saß in ihrem Zimmer und wollte gerade die Eindrücke des Tages in ihrem Notizbuch festhalten, als es an der Tür klopfte. Sie stand auf und öffnete die Zimmertür. Vor ihr stand ein hochgewachsener junger Mann mit goldbraunen glatten Haaren, die ihm locker bis zu den Ohren hingen. Doch das bekam sie nur am Rande mit, denn er lächelte sie mit schneeweißen Zähnen freundlich an, sodass seine blauen Augen noch stärker zur Geltung kamen. Sie waren so klar und stechend hellblau, dass Sandra kurz wegschauen musste, damit sie nicht anfing, ihn anzustarren. Sie sah zu Boden: Er trug hellbraune Mokassins zu einer beigefarbenen Stoffhose und einem weißen Poloshirt. Auf dem Arm trug er eine hellblaue Stoffjacke. Als sie wieder zu ihm aufsah, lächelte er noch immer.
„Hi, ich bin Patrick und ich wollte Dich fragen, ob Du vielleicht Lust hättest, mit mir ein wenig spazieren zu gehen?“ Sandra zog die Stirn kraus. „Ich habe gesehen, dass Du Dich so gut wie nur in Deinem Zimmer aufhältst, und da dachte ich, Dir fehlt vielleicht einfach nur eine Begleitung, um mal an die frische Luft zu gehen?“
„Ähm, nein, eigentlich nicht“, erwiderte Sandra.
„Hmmm, das ist schade. Denn damit bestätigst Du die Gedanken der Ärzte“, entgegnete Patrick. Sandra machte ein überraschtes Gesicht. „Ich habe gehört, wie sie sich darüber unterhalten haben, dass es wohl keinen Sinn macht, dass Du weiterhin hier in der Klinik bleibst, wenn Du Dich nicht öffnest. Wie soll jemandem geholfen werden, wenn keiner wirklich weiß, was dem Patienten fehlt?“, erklärte der junge Mann weiter.
Sandra schloss für einen kurzen Moment die Augen und atmete tief durch. Ihr war mal wieder elend zumute. Wieder einmal schien sie alles in den Sand gesetzt zu haben und nun war es anscheinend auch schon zu spät, das Ruder noch herumzureißen. Sie schluckte schwer und wieder einmal wollten sich ihre Tränen den Weg über ihre Wangen bahnen. Sie kniff fest die Augen zusammen, doch ein salziger Tropfen kullerte ihr trotzdem über das Gesicht.
Plötzlich spürte sie eine weiche, warme Hand auf ihrer linken Wange, welche mit dem Daumen die verräterische Träne wieder wegwischte. „Nicht weinen; schnapp Dir lieber Deine rote Jacke und komme mit mir mit!“, bestimmte Patrick zuversichtlich lächelnd.
Sandras Schultern sackten nach vorn, als sie die Türklinke losließ. Sie stapfte zurück in ihr Zimmer, nahm sich ihre Jacke und den Zimmerschlüssel und folgte Patrick mit nach draußen.
„Und wo möchtest Du hingehen: in den Wald, ans Wasser, über Feld und Flur oder einfach nur durch den Ort?“, fragte Patrick, während er sich seinen Blouson überstreifte.
Auch Sandra zog sich ihre Jacke an, da der Wind aufgefrischt hatte, und zuckte bei der Frage mit den Schultern. „Mir egal“, kam es flüsternd von ihren Lippen.
„Es darf Dir aber nicht egal sein; schau mal, Du machst das hier nicht für mich, sondern für Dich. Also, wo geht’s lang?“
Wieder schloss Sandra kurz die Augen und atmete tief durch. „Dann lass uns den Feldweg entlanggehen“, bestimmte sie.
„Einverstanden“, erwiderte Patrick mit einem zufriedenen Lächeln. Sandra verdrehte die Augen und ging voran, da der Pfad zu schmal war, um nebeneinanderher gehen zu können.

„Bist Du in der Klinik gut aufgenommen worden und fühlst Du Dich hier wohl, oder gibt es Gründe, weshalb Du bisher eher verschlossen bist?“, fragte auf einmal Patrick und versuchte so, ein Gespräch mit ihr aufzubauen. Sandra blieb prompt stehen, sodass ihr Patrick unbeabsichtigt in den Rücken lief. Er umfasste reflexartig ihre Oberarme mit seinen Händen und hielt sie fest an seine Brust gedrückt, damit sie nicht hinfiel. „Verzeihung“, kam es sanft an Sandras rechtem Ohr, was ihr eine Gänsehaut bescherte. „Alles in Ordnung?“, fragte Patrick besorgt und hielt sie weiterhin an den Armen fest. Sandra nickte. „Warum bist Du dann stehen geblieben?“ Und wieder seufzte Sandra mit geschlossenen Augen. „Du magst jetzt keine Konversation betreiben?“, erahnte Patrick.
„Muss ich denn?“, stellte Sandra eine Gegenfrage.
„Nein, Du musst nicht. Aber es wäre schön, wenn Du es tätest.“
„Und dann???“
„Wie, und dann?“, kam es irritiert von Patrick.
Sandra verdrehte entnervt die Augen und wand sich dabei zu Patrick um. Sie sah ihm kurz in seine noch immer viel zu stechenden Augen, bevor sie gereizt eine weitere Gegenfrage stellte: „Na, was ist, wenn ich mich jetzt mit Dir unterhalte; welchen Nutzen hat das für mich? Werde ich dann nicht mehr nach Hause geschickt?!“
„Vielleicht.“
„Ach, und woher sollen die Ärzte wissen, dass wir hier entlangwandern und reden; Du bist doch auch nur ein Patient, der von sich selbst ablenken will und hofft, jemanden zu finden, der noch beschissener drauf ist als er selbst!“, wetterte Sandra.
„Nein, bin ich nicht“, erwiderte Patrick knapp und mit ernstem Gesicht.
Sandra zog verwirrt die Stirn kraus. „Wie, was bist Du nicht?“
„Ich bin kein Patient“, kam es ruhig von Patrick.
Sandra machte daraufhin große Augen. „Dann bist Du einer der Ärzte?!“ Patrick antwortete nicht, sah ihr nur direkt in ihre dunklen Augen. „Du hast mich angelogen???“, fragte Sandra entsetzt und verständnislos zugleich.
„Nein, habe ich nicht. Du hast nur meine Worte falsch verstanden oder genauer gesagt nicht richtig hingehört und nur das verstanden, was Du annahmst, verstanden zu haben, da Du Dir sehr wohl Deiner Situation bewusst bist, bislang nicht in den Gesprächskreisen und den anderen Therapien aktiv mitgemacht zu haben“, erklärte Patrick ruhig weiter. „Ich gebe aber zu, dass ich meine Worte sehr bewusst so gewählt habe, um eine Reaktion aus Dir hervorzulocken.“
Sandra stand nun mit hängenden Schultern wie ein begossener Pudel vor dem Arzt und wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Vielmehr wurde ihr wieder einmal nur zu deutlich, dass sie wirklich ein Problem damit hatte, zuzuhören oder die gesagten Worte korrekt zu verstehen und dementsprechend zu handeln. Wie oft war sie schon angeeckt, nur allein deswegen, weil sie sich entweder nicht an die ihr gemachten Ansagen hielt oder eben einfach falsch verstanden hatte oder gar selbst missverstanden wurde, weil sie sich – so zumindest dem Anschein – ungünstig ausgedrückt hatte. Es gab Ärger, wo es eigentlich keinen Grund für Ärger geben musste und die Nerven lagen blank, obwohl sicherlich das ein oder andere hätte vermieden werden können, wenn sie nur richtig zugehört oder ggf. noch einmal nachgefragt hätte, wenn sie etwas nicht verstanden hatte oder sich nicht sicher war, ob sie es richtig verstanden hatte. Aber das Schlimme an der Krux war ja, dass sie davon ausging, alles richtig verstanden zu haben… Was für ein Irrtum.

Leichte Panik stand in Sandras Gesicht geschrieben, und erneut wollten sich Tränen in ihren Augen sammeln. Sogleich umfasste Patrick wieder mit seinen Händen ihre Oberarme. „Bitte weine nicht, denn dazu gibt es keinen Grund. Und um Dich zu beruhigen: Ich bin zwar Psychotherapeut hier in der Klinik, aber Du bist keiner meiner Patienten. Ich hatte gehofft, ich käme erst einmal drumherum, Dir zu sagen, wer ich bin. Ich hatte gehofft, dass Du mich vielleicht eher als einen Freund ansehen könntest und Dich mir so eventuell anvertrauen würdest, wenn Du schon mit sonst niemandem bislang sprechen wolltest“, gestand Patrick offen. Daraufhin liefen Sandra erst recht die Tränen übers Gesicht. „Ach, Mensch Mäuschen, komm mal her!“, seufzte Patrick und zog Sandra einfach in seine Arme und an seine Brust. Zu seiner freudigen Überraschung ließ sie ihn gewähren, nachdem sie kurz gestockt hatte, und sein Puls beschleunigte sich. Sanft strich er ihr über den Rücken und versuchte ihr so etwas Geborgenheit zukommen zu lassen und gleichzeitig seine eigenen heftigen Gefühle wieder herunterzufahren.
Sie schwiegen.
Nach einer Weile konnte Patrick spüren, dass Sandra wieder ruhiger atmete und ihre Tränen versiegt waren. Vorsichtig gewährte er etwas Abstand zwischen ihren Körpern und sah Sandra forschend in ihr Gesicht. Zwei ziemlich unsicher schauende dunkle Augen sahen schüchtern zu ihm auf. Er konnte in ihnen so viel Schmerz lesen, dass es ihm selbst schon in der Seele wehtat, sie so hilflos dastehen zu sehen. Sanft legte er wieder seine rechte Hand auf ihre linke Wange. Ihre Haut war so zart, dass sie fast zerbrechlich wirkte; auch wenn der Rest ihres Körpers nicht gerade etwas von Zerbrechlichkeit hatte: Ihre Statur war untersetzt und mollig, aber gerade das stand ihr in seinen Augen ziemlich gut. Nur ihr schmales, kränklich wirkendes Gesicht mit dem kleinen spitzen Kinn, den blassen, fast schon bläulich schimmernden, schmalen Lippen, einer Stupsnase und den dunklen kleinen Augen, die vorhin braun, jetzt aber eher grün waren, zeugte davon, dass etwas nicht in Ordnung war. Und dass etwas nicht in Ordnung war, lag auf der Hand. Denn wer würde sonst in eine Klinik für Psychosomatik gehen und sich dazu auch noch selbst einweisen lassen?

Ja, Sandra hatte tatsächlich einen eigenen Antrag gestellt, weil sie Hilfe brauchte und auch wollte, aber irgendetwas schien sie bislang daran zu hindern, die Therapieangebote auch aktiv anzunehmen. Sie nahm zwar an jeder Gesprächsrunde und sonstigen Kursen teil, aber im Grunde war nur ihr Körper, aber nicht ihr Geist anwesend; doch der war bei einer psychischen Erkrankung unabdingbar. Aber selbst ihr Vorbereitungsgespräch zur Reha-Teilnahme war anders verlaufen als das von den anderen Patienten, die normalerweise von ihren Ärzten, Krankenkassen oder Rentenversicherungen zu solchen Rehabilitationen überwiesen wurden. Statt die auf einem Formular stehenden Standardfragen zu beantworten, hatte sie einen langen Brief an die Klinik gesandt, mit der Begründung, dass die Antwortfelder auf dem Formular zu klein waren, um ihr gesamtes bisheriges Leben auseinandernehmen zu können; auf der Suche nach der Ursache für ihre Depressionen und Aggressionen, welche ihr den Alltag und ihr Leben so schwer machten. Und in einer der Sitzungen am gestrigen Tage, in welcher es um die Thematik Borderline ging und weshalb sich die meisten von ihnen körperlich selbst verletzen, tanzte sie sozusagen erneut aus der Reihe. Denn ihre Arme zum Beispiel zeigten nicht einen einzigen Schnitt, während andere viele Narben vom Ritzen vorzuweisen hatten. Doch Sandras Verletzungen waren nicht körperlicher Natur, sondern seelischer: Die scharfen Kanten von zersplittertem Glas oder der von Rasierklingen spielten sich nur in ihrem Kopf ab! Sie hatte, um den anderen verständlicher beschreiben zu können, was in ihr vorging, eine Textnachricht, die sie einem Freund geschickt hatte, vorgelesen. Und mit jedem nächsten Satz, den sie dort verfasst hatte, konnte man spüren, wie sie innerlich völlig zerrissen war und mit jedem weiteren Wort immer tiefer in den Abgrund rutschte. Verzweiflung, Angst, Panik, Hilflosigkeit, Wut – auch auf sich selbst –, und die ewige, sie umschließende Dunkelheit der Einsamkeit waren ihre inneren Tyrannen, die ihr die Lebensfreude raubten und nur ein graues, stumpfes Gefäß übriggelassen hatten. Egal, was sie auch tat, irgendwann ging etwas schief, sie eckte an, passte nicht in die Gesellschaft oder in die Vorgaben von irgendwelchen Vorgesetzten. Und so wurde sie als unfähig, als Unruhestifter oder schlicht für fehl am Platze deklariert, ohne eine Chance zu haben, sich dagegen zu wehren.
Als Patrick gestern ihre Worte mit angehört hatte, da er der Sitzung als Hospitant des neuen Psychotherapeuten beigewohnt hatte, musste selbst er hart schlucken, denn am liebsten hätte er sie sofort in seine Arme gezogen und sie dort für immer festgehalten. Sie stand kurz davor, in tausend Einzelteile zu zersplittern, weil – wie er es aus ihrer Akte entnehmen konnte – nicht nur Ungerechtigkeit ihren Weg mehrfach kreuzte, sondern weil sie von Geburt an keine Liebe bekommen hatte und alles in und an ihr förmlich genau danach schrie. Sie kämpfte im Grunde von Geburt an ums Überleben. Doch immer nur Ablehnung, Diskriminierung, das Gefühl alleingelassen zu sein und lediglich etwas Anerkennung bei 100 % erwarteter und zu 100 % erbrachter Leistung zu erhaschen, ließen eine große Leere in ihrem Herzen zurück.
Tja, das Stillen der Sehnsucht nach Liebe war nicht unbedingt etwas, was in der Klinik als Therapiemaßnahme auf dem Programm stand. Hier ging es eher darum, Mittel an die Hand zu bekommen, um sich wieder gestärkt dem Arbeitsleben stellen zu können und ggf. Mechanismen zu entwickeln, um dem Alltag wieder gewachsen zu sein und sich nicht von Nichtigkeiten gleich wieder unterkriegen zu lassen. Warnsignale frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig entgegenzusteuern. Aber Liebe? Diese stand auf einem ganz anderen Blatt Papier geschrieben. Und als ob das Schicksal genau dies vorhergesehen hätte, hatte sich an dem Ankunftstag von Sandra Folgendes ereignet:

Patrick stand bei einer Gruppe von abreisenden Patienten und verabschiedete sie gerade, als er plötzlich dem Bedürfnis erlag, mitten in einem Satz abzubrechen und sich zum Eingangsbereich der Klinik herumzudrehen, zu dem er zuvor mit dem Rücken gestanden hatte. Sein Blick fiel sogleich auf den blauen Shuttlebus der Klinik, der gerade die Anhöhe heraufgefahren war und nunmehr vor der Klinik hielt. Es stiegen nur sieben, statt wie sonst immer acht neue Patienten, aus. 4 Männer und 3 Frauen. Die Männer betraten als Erstes die Klinik und liefen geradewegs zu dem gekennzeichneten Begrüßungsbereich herüber. Zwei der Frauen, die in ein Gespräch vertieft waren, folgten den Herren zielstrebig, als es plötzlich hinter ihnen laut polterte. Der dritten Dame, die erst jetzt die Klinik betrat, war der Griff ihres großen Rollkoffers aus den Händen geglitten, als dieser – wie schon viele Koffer zuvor – mit seinen Rollen an der etwas zu breiten Laufschiene der Eingangs-Schiebetüren hängen geblieben war und somit der schwere Koffer laut scheppernd auf die Fliesen des Foyers fiel. Sogleich drehte sich die blonde, große, drahtige Dame, die etwas von einem Modepüppchen an sich hatte, zu ihr um und erdolchte die Frau hinter sich mit den Augen. „Was für ein Trampel!“, rief sie ihr entgegen. Vollkommen unerwartet äffte die andere Frau sie nach und steckte ihr sodann sogar noch die Zunge heraus wie ein kleines, bockiges Kind. Angewidert verzog die Blonde das Gesicht und wandte sich zurück zu ihrer Gesprächspartnerin. Die Frau hinter ihr griff nach ihrem Koffer, stellte ihn wieder auf seine Rollen und blieb dann dort stehen, wo sie gerade war. Sie schien kein Bedürfnis zu haben, sich ihrer Gruppe weiter zu nähern und harrte der Dinge aus, die da noch kämen.
Patrick war überrascht, amüsiert und fasziniert zugleich von der kleinen, pummeligen Frau mit ihrem großen, blauen Koffer, der fast genauso groß zu sein schien wie sie. Doch das, was ihm noch viel mehr ins Auge stach, waren ihre radikal kurz geschorenen Haare. Denn sie griff sich reflexartig immer wieder an ihr rechtes Ohr; so, als würde sie sich eine Haarsträhne dahinter feststecken wollen. Da wurde ihm klar, dass diese Kurzhaarfrisur nicht irgendeine Modeerscheinung war, sondern ein Ausdruck des verletzt Seins. Ein Schrei nach Hilfe. Und nur zu gern wollte er ihr helfen. Doch just in dem Moment, in dem er zu ihr gehen wollte, verlangten nicht nur seine noch zu verabschiedenden Patienten seine Aufmerksamkeit, sondern auch die Frau schnappte sich ihren Koffer und folgte weiterhin mit etwas Abstand nunmehr den anderen sechs Patienten aus ihrer Gruppe, welche soeben von einer der Serviceschwestern in Empfang genommen wurden.
Betrübt wandte sich Patrick wieder seinen Patienten zu. Doch das heftige Herzklopfen, das die junge Frau in seiner Brust hinterlassen hatte, konnte er nicht ignorieren. Prompt musste er wieder an sie denken und sogleich stellten sich Schmetterlinge in seinem Bauch ein. Dies irritierte ihn dann doch ein wenig. Er ließ sich aber nichts anmerken. Zum Abendessen hin würde er sie wohl wiedersehen, um dem, was sich da gerade in seinen Eingeweiden abgespielt hatte, auf den Grund gehen zu können, denn er war heute als Aufsichtsperson für den Speisesaal zugeteilt worden. Zu seiner Enttäuschung blieb die kleine Frau dem Abendessen jedoch fern und es stellte sich kurze Zeit danach heraus, dass sie nur selten im Speisesaal anzutreffen war. Entweder holte sie sich ihr Frühstück auf einem Tablett und aß dies auf ihrem Zimmer oder sie saß mittags allein an einem der Zweier-Tische. Das Abendessen ließ sie derweil, bis auf vergangenen Sonntag, täglich ausfallen. Sonntag war sie, so wie es schien, auch nur deswegen beim Abendmahl anwesend gewesen, da sie das Mittagsessen verschmäht hatte.

Welche Freude war in Patrick zu spüren, als er sie gestern, einen Mittwoch, unverhofft in der Therapiesitzung wiedersah. Doch sie nahm keine Notiz von ihm – ganz im Gegenteil zu der blonden, hochgewachsenen Frau. Sie schien ihm schöne Augen machen zu wollen und räkelte sich regelrecht vor seinen Augen auf der Matte am Boden. Daraufhin verwies er sie galant, sich auf den anderen Arzt im Raum zu konzentrieren, was sie mit einer schmollenden Schnute quittierte und sich sodann erhobenen Hauptes und mit dem Rücken zu ihm auf einen der bequemen Stühle setzte.
Da die Patienten frei wählen konnten, wie oder wo sie sich in dem Therapieraum setzen wollten (ob auf den Boden auf einer Matte, in einen Knautschsack oder auf einen Stuhl); schließlich sollten sie sich wohlfühlen, hatte Sandra die breite Fensterbank gewählt und sich dort mit dem Blick nach draußen mit angezogenen Beinen niedergelassen, nachdem sie den behandelnden Therapeuten gefragt hatte, ob sie sich auch dort hinsetzen dürfe. Patrick saß ihr gegenüber an der Wand auf einem Sideboard und hielt sich im Hintergrund und aus der Therapiesitzung heraus. Er verfolgte jedoch den Gesprächsverlauf aufmerksam, auch, wenn sein Blick immer wieder zu Sandra herüberging und dann allein nur ihre Erscheinung gänzlich seinen Geist eingenommen hatte: Was mochte gerade in ihr vorgehen, welche Emotionen lauerten unter der Fassade und warum hielt sie sich aus dem Therapiegespräch heraus? Dies waren nur einige der Gedanken, die ihm in den Sinn kamen. Und warum waren ihre Arme nicht mit Narben übersät, obwohl einer der vorgelegten ärztlichen Befunde eine bipolare Störung, das Borderline-Syndrom, diagnostizierte?
Diese Feststellung war nicht nur ihm, sondern auch der Blondine aufgefallen, welche selbst aber auch nur zwei recht kleine und noch frische, dafür jedoch ziemlich blasse und sehr weit oben an ihren Unterarmen aufzufindende Schnitte hatte. Dennoch musste sie natürlich Sandra prompt darauf ansprechen. Überraschenderweise reagierte sie sogar auf die Frage und erwiderte: „Oooh, glaube mir, mein Körper trägt genügend Narben!!! Sie sind nur nicht direkt sichtbar, denn sie befinden sich unter meiner Haut und eitern dort vor sich hin.“
Als sie daraufhin nur verständnislose Blicke – auch von den anderen Mitpatienten – erntete, schloss sie kurz seufzend die Augen und fragte den sitzungsführenden Arzt: „Dürfte ich einen Moment mein Handy nutzen? Denn dort gibt es eine Nachricht, die ich erst vor Kurzem einem Freund geschrieben habe, die vielleicht das wiedergeben kann, was ich eben gemeint habe.“ Der Therapeut sah unsicher zu Patrick herüber, da eigentlich Mobiltelefone in den Therapiestunden und Sitzungen nichts zu suchen hatten. Patrick gab jedoch seine Zustimmung, indem er knapp nickte. Schon allein deswegen, weil er selbst mehr von ihr hören und wissen wollte.

„Es ist mal wieder weit nach vier Uhr in der Frühe und ich quäle mich bereits seit gestern Abend damit, in den Schlaf zu finden, doch mein Kopf lässt mich nicht. Er ist voll, voll mit Gedanken, die mich keine Ruhe finden lassen wollen. Nicht nur, dass der Arsch von einem Teamleiter es nicht dabei beruhen lassen kann, mich die letzten Tage – bevor ich ohnehin weg vom Fenster bin – zu ignorieren; nein, er muss mich zwingend noch einmal an den Pranger stellen und Dinge behaupten, die nicht der Wahrheit entsprechen! Aber wahrscheinlich will er nur so von seiner eigenen Unfähigkeit ablenken?! Mir ist alles nur noch zu viel und einfach viel zu viel ist auch in mir an angestautem Frust und sonstigen Gefühlen; diese Ungerechtigkeit macht mich wütend und doch zerfrisst sie mich zugleich. Mir ist in meinem bisherigen Leben nur Mist widerfahren oder ich habe ihn selbst gebaut; und das Chaos geht weiter und weiter und will schlicht kein Ende nehmen – es hat sich so in meinen Eingeweiden festgesetzt, dass selbst der schönste Moment in meinem Leben am Ende nur mit einem faden Beigeschmack in den Erinnerungen hängen bleibt. Da egal, was ich auch mache, es am Ende nur schiefgehen kann oder ich etwas falsch mache – ob es nun gewollt oder es nicht besser gewusst zu haben. Und dabei wolltest Du doch, dass ich mich an das Gute, an das Schöne klammere, um Hoffnung zu spüren, wieder atmen zu können und wieder aufzublühen und dass ich das Leben mit offeneren Armen begrüße und etwas anderes spüren soll als Angst, Ablehnung, Verbitterung und Enttäuschung… Und ja, ich will nur zu gerne der Einsamkeit meines Herzens entfliehen, doch das Band des Schmerzes ist stark und wird von Tag zu Tag stärker. Und statt loszulassen und all das Elend einfach hinter mir zu lassen, scheint es so, als klammere ich mich daran fest, als sei es der letzte Strohhalm, den ich noch habe: wenigstens der Schmerz lässt mich wissen, dass ich noch nicht tot bin. Doch was habe ich davon; was bleibt? Einzig nur Leere, Dunkelheit, Einsamkeit. Das Gefühl, nicht dazuzugehören und auch nie dazugehört zu haben. Eine verlorene Seele wie die Motte im Licht. Es zieht sie magisch an, doch es wird sie letztendlich verbrennen; sie umbringen! Und schon reiben sich wieder Selbsthass und Verzweiflung die Hände, ergötzen sich an meinem Leid, meiner Seelenqual und gewinnen immer mehr die Oberhand und grinsen mir fies mit gebleckten Zähnen ins Gesicht und fahren ihre scharfen Krallen nach mir aus, wollen mich in Stücke reißen und sich an meinem süßen Blut laben. Ich habe keine Kraft mehr, mich dagegen zu wehren, und somit ergebe ich mich, füge mich in mein Schicksal und ertrinke; ich ertrinke an einem See meiner eigenen salzigen Tränen. Und was tust Du? Du sagst, ich soll nicht solchen Müll von mir geben und nicht so übertreiben; ich soll an meine Kinder denken, dass sie mich brauchen. Sicher, sie brauchen mich; noch. Doch wie lange? Und mich lieben? Ich mag bezweifeln, dass sie mich wirklich lieben, eher ist es doch so, dass sie sich nicht dagegen verwehren können, denn schließlich bin ich ihre Mutter. Und jemand anderen haben sie nicht, der für sie da ist, sich um sie kümmert. Doch wer kümmert sich um mich? Wer ist für mich da und stark für mich oder nimmt mich in den Arm, wenn mir alles zu viel wird, ich nicht mehr kann und nur noch einen Wunsch habe, zu gehen und niemals wiederzukommen? Wer ist da und hindert mich daran? Niemand, ich bin allen egal. Also komm, nimm das Messer und stich zu, tu es und befreie mich von meinen Qualen. Und falls Du doch noch zurückschreckst, tue ich Dir heute sogar noch einen Gefallen, denn ich komme Deinem Messer bereitwillig entgegengelaufen. Schritt für Schritt. Du musst es also noch nicht einmal selbst tun; das Zustechen, das übernehme ich ganz allein…“

Anschließend herrschte absolute Stille im Raum. Niemand wagte in dem Moment, etwas zu erwidern. Sandra packte ihr Telefon wieder in die Gesäßtasche ihrer Jeans, blickte kurz mit leerem Blick zu dem Blondchen herüber und verließ dann, ohne ein Wort zu sagen, den Raum.

Und mit dem gleichen leeren Blick stand sie nun Patrick gegenüber. Immer noch abwartend, was als Nächstes geschehen würde, denn nach wie vor lag seine rechte Hand auf ihrer linken Wange. Es prickelte unter seinen Fingerspitzen und er stellte fest, dass sich sein Herzschlag noch immer nicht beruhigen lassen hatte. Sie in den Armen gehalten zu haben und ihre Haut berühren zu dürfen, beflügelte ihn und er wurde leichtsinnig; er wollte mehr von ihr. Und im Gegenzug sollte sie all das von ihm bekommen, wonach sie sich schon so lange sehnte. Doch wie sollte er ihr das nur begreiflich machen? Wie sollte er ihr sagen, was er bereits jetzt schon für sie empfand, obwohl sie sich noch überhaupt nicht kannten? Und dass es ihm hier nicht um ein Ärzte-Patientenverhältnis ging, sondern dass er sich als Mann zu ihr hingezogen fühlte! Er biss sich auf die Zunge und nahm langsam seine Hand wieder von ihrem Gesicht, zeitgleich ergriff er spontan ihre rechte Hand mit seiner linken und sagte lediglich: „Komm!“ Und schon zog er sie hinter sich her, weiter den Feldweg entlang bis zu der Grenze zum anliegenden Wäldchen, wo eine lange Holzbank am Wegesrand stand. Er brachte sie dazu, mit etwas Druck auf seine Hände, die wieder einmal ihre Oberarme umschlossen hatten, sich zu setzen und folgte ihr umgehend.
Noch immer eingeschüchtert saß Sandra mit hängenden Schultern in der Mitte der Bank und blickte starr geradeaus auf ihre Füße. Sie sagte kein Wort. Patrick hatte seine Beine breit auseinander aufgestellt und seine Unterarme auf seinen Knien abgelegt. Seine Haltung war nach vorn gebeugt und er suchte noch immer vergeblich nach den richtigen Worten.
„Wie fühlst Du Dich?“, fragte er dann auf einmal und wandte den Blick über seine linke Schulter zu ihr herüber.
Sie sah ihn verwirrt an, konnte ihm aber nicht lange in die Augen schauen, denn das stechende Blau machte sie noch immer nervös. Um jedoch nicht unhöflich zu wirken, entgegnete sie wahrheitsgemäß: „Ich weiß es nicht. Alles ist wie in einer Blase; nichts fühlt sich reell an.“
„Hast Du Angst?“
„Nicht vor Dir, falls das Deine eigentliche Frage war?“, gestand Sandra.
Daraufhin wandte sich Patrick gänzlich zu ihr um, zog sein linkes Bein unter sein rechtes Knie und legte es auf der Sitzfläche der Bank ab. So konnte er ihr besser ins Gesicht und in ihre nun wieder dunkelbraun gewordenen Augen schauen. Sie blickten dieses Mal wachsam statt verängstigt. Also glaubte er ihrer Äußerung.
„Wenn Du nicht vor mir Angst hast, wovor dann?“, wagte sich Patrick zu fragen.
„Angst? Angst habe ich eigentlich nur vor Spinnen jeglicher Art und Größe; wobei die dicken, großen, schwarzen sicherlich meinen Puls schneller zum Rasen bringen als ein Opa-Langbein. Trotzdem mag ich auch diesen nicht anfassen oder gerne in einem Raum, in dem ich mich befinde, sehen. Und ich habe große Angst vor Hunden. Ich finde, sie sind unberechenbar, und ich bin schon zu oft von einem gebissen worden, als dass mir jemand weismachen könnte, dass der nichts tut und nur spielen will. Zudem möchte ich lieber auch gar nicht erst wissen, was der Hund meiner leiblichen Eltern mit mir im Säuglingsalter, als ich mit ihm ganz allein in der Wohnung war und wie am Spieß geschrien habe, angestellt hat! Jedenfalls stammt aus dieser Zeit meine Angst vor Hunden. Aber ich denke, Deine Frage war sicherlich anders gemeint.“ Patrick nickte. „Dann ist Angst das falsche Wort. Befürchtung oder Sorge treffen da wohl eher.“
„Und wovor fürchtest Du Dich?“, hakte Patrick weiter nach.
Sandra überlegte kurz, bevor sie antwortete: „Ich fürchte mich davor, abgelehnt zu werden; nicht akzeptiert und falsch verstanden zu werden. Ich habe Bedenken, wenn es darum geht, etwas zu wagen oder doch dem ganzen Chaos in meinem Leben etwas Gutes abzugewinnen. Denn die Sorge, nur wieder verletzt, nicht ernst genommen oder wie schon so oft, nur verarscht zu werden, die ist überwältigend groß. Und ja, diese Erkenntnis macht mir Angst, sie zeugt von einer unüberwindbaren Mauer. Und klettern war noch nie meine Stärke und für Hammer und Meißel fehlt mir die nötige Kraft“, umschrieb Sandra ihre Ängste und Sorgen.
„Und was wäre Dein Wunsch?“, fragte daraufhin Patrick.
Sandra stutzte: „Wie, Wunsch? Ich verstehe nicht ganz.“
„Na, wir sprachen eben von Ängsten und Sorgen. Was sind Deine Wünsche oder wenigstens ein Wunsch; was belastet Dich im Moment am meisten und wovon würdest Du Dich dementsprechend gerne befreien?“
Sandra ließ den Blick in die Ferne schweifen und es schien, als würde sie gar nicht mehr auf die Frage antworten wollen, doch dann sagte sie: „Nicht mehr solch beklemmendes Gefühl in der Brust zu haben, keine Luft mehr zu bekommen und zu ersticken; all meine schlechten Gedanken loszuwerden und wieder frei atmen und sich auf etwas Schönes konzentrieren zu können. Ruhe zu finden, ohne gleich wieder in den nächsten 5 Minuten dort herauszuschrecken“, kam es wie ein Schwall Wasser aus ihrem Mund.
„Okay, das lässt sich rasch einrichten“, gab Patrick optimistisch von sich. Sandra zog skeptisch die Augenbrauen zusammen und sah fragend zu ihm herüber. Patrick musste unweigerlich über ihre Mimik schmunzeln. „Dreh Dich mal nach links und lege Deine Beine auf die Bank“, forderte er Sandra auf.
„Und dann?“, fragte sie noch immer mit Skepsis im Gesicht.
„Dann lehnst Du Dich mit Deinem Oberkörper an meine Brust, schließt die Augen und atmest einfach nur tief ein und wieder aus, bis ich Stopp sage.“ Aus der Skepsis wurde nun ein beunruhigter und unsicherer Blick. Patrick kam nicht umhin, erneut über ihren Gesichtsausdruck zu schmunzeln und warf provozierend in den Raum: „Ich denke, Du hast keine Angst vor mir? Na los, trau Dich; ich beiße schon nicht!“ Und um seine Behauptung zu untermauern, schob Patrick sein linkes Bein unter der Rückenlehne der Bank hindurch, setzte sich damit breitbeinig an Sandras rechte Seite und öffnete die Arme mit den Handflächen nach oben, weit vor ihr; er lud sie dazu ein, in seine Arme zu kommen. Er konnte dabei sehen, wie sie mit sich selbst haderte und schon fast wütend fest die Zähne aufeinander biss. Als jedoch keine weitere Reaktion von ihr erfolgte, rief er ihren Namen. „Sandra?“
Sie blickte schüchtern zu ihm herüber, denn er hatte zum ersten Mal ihren Namen genannt. Doch dann machte sie große Augen und schnappte hörbar nach Luft, als er plötzlich zu ihr herangerutscht kam, wieder einmal ihre Oberarme umfasste und sie einfach mit sich zog, als er wieder auf seinen ursprünglichen Sitzplatz auf der Bank zurück rutschte. Sie versteifte sich sogleich und saß kerzengerade mit den Rücken zu ihm auf der Bank. Doch ihre Beine lagen nunmehr auch dort.
Sanft strich er ihr über die Arme, um sie wieder zu beruhigen. „Hey, alles ist gut. Du brauchst keine Angst zu haben, ich werde Dir nichts tun. Also versuche Dich bitte wieder zu beruhigen und ein wenig zu entspannen; bekommst Du das hin?“, flüsterte Patrick an ihrem rechten Ohr. Er war wieder näher gerückt, sodass ihr Rücken zwangsläufig seinen Oberkörper berührte. Seine Hände strichen noch immer leicht über ihre Oberarme; doch nun wanderten sie weiter nach unten, bis seine Finger ihre Hände in ihrem Schoß umschließen konnten. Sie zog heftig die Luft in ihre Lungen und hielt den Atem an. Er spürte ihren heftigen Herzschlag an seiner Brust und rieb mit seinen Daumen ganz automatisch über ihre Finger. Sie waren eiskalt und ihre Haut fühlte sich rau und trocken an. Er sah über ihre rechte Schulter auf ihre wirklich kleinen Hände hinunter, die nun in seinen Händen ruhten; sie zitterten leicht. „Ist Dir kalt?“, fragte er zwangsläufig.
„Nein.“
„Aber Du zitterst!“, erwähnte Patrick.
„Ja, das sind die Nerven“, kam es knapp von Sandra.
Patrick beugte sich überrascht um ihre rechte Schulter, um ihr besser in die Augen sehen zu können. „Bist Du nervös?“
„Nein, ich bin eher aufgeregt.“
„Ist das jetzt gut oder schlecht?“, fragte Patrick weiter.
„Ich verstehe nicht ganz“, kam es mit krauser Stirn von Sandra.
„Nun, wenn Du Dich über etwas aufregen würdest, wäre dies schlecht. Doch, wenn es eine freudige Erwartung ist…“
„Es ist eher eine Angespanntheit“, unterbrach Sandra Patrick direkt. Fragend sah er sie an. „Weißt Du, mein Körper steht im Grunde ständig unter Strom. Er ist wachsam und lauert gewissermaßen schon auf die nächste kommende Gefahr. Zu viele negative Ereignisse in meinem Leben haben da irgendwelche Urinstinkte in mir so manifestiert, dass ich darauf schon lange keinen Einfluss mehr habe. Ich bin stets auf der Hut und meine Verteidigungsmechanismen befinden sich im Stand-by-Modus: Entweder Angriff oder Flucht; Stillstehen oder innere Ruhe finden, das gibt es bei mir nicht – geistig bin ich immer in Bewegung“, versuchte Sandra zu erklären, was das Zittern ihrer Hände nur noch verstärkte.
„Dann hast Du einen ziemlich stark ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb; das ist gut“, stellte Patrick fest.
„Wie man es sehen möchte“, kam es seufzend von Sandra.
„Was meinst Du damit?“, hakte Patrick nach.
„Was hat mir denn dieser gar so tolle Überlebensinstinkt bis jetzt gebracht? Ich bin hingefallen und wieder aufgestanden, ich wurde geschubst und ich bin trotzdem wieder aufgestanden, ich wurde gestoßen und getreten, doch statt liegenzubleiben, habe ich mich aufgerappelt, bin wieder aufgestanden, um sogleich erneut eine Breitseite abzubekommen; immer und immer wieder schön eins obendrauf. Nur schlauer bin ich dadurch nicht geworden“, erklärte Sandra resigniert.
„Nun, Du bist eine Kämpfernatur, und seien wir doch einmal ehrlich: Liegenbleiben ist keine Option, sonst wärest Du doch jetzt auch nicht hier! Und dies bestätigt mir auch, dass Du leben möchtest. Du willst nicht in dem dreckigen Matsch zu den Füßen der anderen liegen. Du willst mitmischen, Du willst Du selbst sein; weißt aber im Grunde gar nicht so recht, wer Du eigentlich bist, da Du stets auf die anderen gehört oder Dich von ihnen herumkommandieren lassen hast, weshalb Du das Gefühl bekommen hast, dass Du nur der Fußabtreter aller bist. Weil bislang niemand da war, der Dir glaubhaft gesagt und vor allem gezeigt hat, dass Du ein großartiger Mensch bist, genau so wie Du bist. Und die, die bis dato Deinen Weg gekreuzt haben, haben Dich entweder angelogen, betrogen oder ausgenutzt oder aber Du wolltest und konntest vielleicht auch gar nicht auf sie hören, weil es Dir alles viel zu unwirklich vorkam“, fasste Patrick zusammen.
„So wie die Situation jetzt hier; diese ist auch irgendwie nicht echt“, gestand Sandra.
„Fühlt es sich so für Dich an? Falsch?“, kam es ernst von Patrick.
„Das habe ich nicht gesagt!“
„Was wolltest Du dann damit sagen?“, hakte Patrick erneut nach.
Sandra seufzte. „Ich weiß es nicht. Es ist vielmehr so, dass ich mir selbst nicht ganz über den Weg traue. Schon zu oft habe ich in etwas mehr hineininterpretiert als da war oder mich so sehr in eine Vorstellung hineingesteigert, dass der Aufprall nach dem Fall mehr als hart war, als die Realität meinem Wunschdenken wieder einmal ein bitteres Ende gesetzt hat. Einen Tiefschlag nach dem anderen musste ich einstecken, ihn verdauen – obwohl ich ja im Grunde noch immer darauf herumkaue, denn die erlösende Niederlage will sich einfach nicht einstellen.“
„Willst Du das denn? Eine Niederlage bestätigt bekommen? Statt dem Quäntchen Hoffnung Glauben zu schenken?“, warf Patrick in den Raum.
Sandra seufzte traurig. „Eine Niederlage hätte wenigstens etwas Endgültiges, ein Ende, einen Abschluss. Dann Haken dahinter und den Blick nach vorn zu einem Neuanfang. Stattdessen drehe ich mich immer und immer wieder nur im Kreis; kein Wunder, dass mir immer schwindelig wird, wenn ich versuche loszulassen. Schon der kleinste Versuch, mich zu entspannen, endet meist damit, dass sich alles in meinem Kopf dreht oder ich das Gefühl habe, ins Bodenlose zu fallen. Und nirgends eine Reißleine oder ein Anker…“
„Oder eine rettende Hand?!“, fügte Patrick an.
„Oder auch die… Aber nichts davon ist da; nichts, außer Leere, Einsamkeit und mir. Und das ist erdrückend!“
„Deshalb Dein Wunsch, wieder frei atmen zu können“, schlussfolgerte Patrick.
Sandra nickte.
Reflexartig umspannten seine Hände wieder ihre Finger; diesmal jedoch etwas fester, so als wolle er ihr Bestätigung geben, dass sie nicht allein war. Dass dort jemand war, der ihr helfen wollte, der ihr Beistand geben und gerne noch so viel mehr sein würde wollen als nur eine helfende Hand. Sanft strich er ihr mit den Daumen über ihre Handrücken, woraufhin ihr Blick auf ihre Hände fiel und sie mit den Augen seine Bewegungen mitverfolgte. Mehr Reaktion kam allerdings nicht von ihr und ein weiteres Wort erst recht nicht.

„Okay, lass uns ein kleines Experiment starten: Ich hatte Dich ja gebeten, wenigstens zu versuchen, ein klein wenig zu entspannen und dafür solltest Du Deine Beine auf die Bank legen. Gut, ich musste zwar etwas nachhelfen, aber Du sitzt noch immer mit den Beinen auf der Bank und mit dem Rücken zu mir. Deshalb fordere ich Dich nun noch einmal dazu auf, Dich an mich anzulehnen und die Augen zu schließen. Und dann versuche einfach nur bewusst zu atmen. Ich passe auf Dich auf. Weder wird Dir jemand etwas tun, noch wirst Du fallen; ich halte Dich!“, sagte Patrick und drückte zur Bestätigung nochmals kurz ihre Finger mit seinen Händen fest zusammen. Anschließend rutschte er noch etwas näher an Sandra heran, sodass ganz automatisch ihr Kopf auf seiner linken Schulter landete. Sie seufzte prompt laut auf.
„Schließ die Augen“, flüsterte Patrick an ihrem rechten Ohr. „Und achte nur auf Deine Atmung… Bist Du bereit?“
Sandra nickte kaum merklich.
„Also dann: Spüre, wie die Luft Deine Lungen füllt und wie sich Deine Bauchdecke dabei leicht hebt. Und während Du ausatmest, achte darauf, wie sich Dein Bauch wieder in seine Bauchhöhle zurückzieht… Einatmen… Ausatmen… Einatmen… und wieder ausatmen…. Durch die Nase ein- und durch den Mund langsam wieder ausatmen…“

„Oh weh, ich glaube, mir wird schwindelig“, sagte Sandra plötzlich.
„Okay, dann konzentriere Dich jetzt auf Deine Umgebung; aber das Atmen nicht vergessen! Kannst Du das Zwitschern eines Vogels hören? Stell Dir vor, was das für ein Vogel sein könnte; also nicht den Namen von ihm, sondern wie er aussieht: Ist er groß oder klein? Hat er einen langen oder kurzen, spitzen Schnabel? Welche Farbe hat sein Gefieder? Und wenn Du den Vogel in Deinem Geiste fertig gezeichnet hast, dann wandere gedanklich weiter. Kannst Du das Rascheln der Blätter der Bäume des Waldes im Wind vernehmen? Siehst Du vor Deinem inneren Auge, wie die Äste immer leicht hin- und her schwingen? Was sind das für Bäume: Birken, Eichen oder Kastanien? Welche Größe und Form haben ihre Blätter? Und was ist das eigentlich für ein Brummen und Summen in der Nähe; sind das Hummeln oder Bienen, die hier über die Feldblumen fliegen und sich den süßen Nektar von den Blüten holen? Ich hoffe, Du hast keine Pollenallergie?“, fiel es Patrick spontan ein.
Sandra musste daraufhin schmunzeln. Patrick grinste ebenfalls und strich ihr sanft einmal über ihre Finger, bevor er ihr weitere, neue Bilder der Natur heraufbeschwor: „In etwas weiterer Ferne hörst Du da vielleicht auch das Meer rauschen? Und siehst Du geistig, wie die Wellen sich am Strand brechen und kleine nasse Flächen im Sand zurücklassen? Und falls Du das Meer hören kannst, riechst Du dann vielleicht auch das Salz in der Luft oder kannst Du es sogar schmecken?“
Sandra öffnete unweigerlich kurz den Mund und strich sich mit ihrer Zunge über ihre Unterlippe. „Krass!“, sagte sie, denn sie konnte tatsächlich das Salz in der Luft schmecken.
Abermals strich Patrick ihr sanft über die Finger und lächelte still vor sich hin, denn er hatte es tatsächlich geschafft, ihren Geist zu erreichen und er konnte sogar spüren, dass sie langsam anfing, sich zu entspannen und sich auf diesen Moment der Zweisamkeit einließ, denn ihr Körper an seiner Brust wurde auf einmal etwas schwerer, aber dafür weicher. Denn die Verkrampfung ihrer Muskeln und die Wachsamkeit, jederzeit auf dem Sprung zu sein, ließen nach; sie ließ los. Also machte er mit seinen Aufzählungen weiter: „Wie fühlt es sich eigentlich an, das kühle, harte Holz unter Deinen Beinen? Gibt es irgendeine Stelle im Holz, die uneben ist und ein wenig am Bein drückt; an der Wade vielleicht? Oder wie steht es mit meinem warmen Atem an Deiner rechten Wange: Kitzelt er Dich störend oder empfindest Du es eher als angenehm?“
Sogleich lief Sandra ein wohliger Schauer über den Rücken, den selbst Patrick wahrnehmen konnte. Zärtlich strich er ihr wieder mit seinen Daumen über ihre Hände. Sandra seufzte daraufhin, ohne es jedoch selbst zu merken. Daher hörte Patrick nicht damit auf, ihre Hände sanft zu streicheln und ihr weiterhin kleine Fragen ins Ohr zu flüstern: „Wie ist der Klang meiner Stimme für Dich an Deinem Ohr? Ist er Dir zu laut, bin ich zu leise oder ist es Dir gerade recht? Ich hoffe, meine Stimme ist monoton genug, um Dich ein wenig einzulullen und alle sonstigen Gedanken zu verdrängen?“, erwähnte Patrick.
„Was würdest Du eigentlich machen, wenn ich jetzt einschlafen würde?“, fragte Sandra prompt, da sie merkte, dass sie gerade wirklich müde wurde und ein Gähnen unterdrücken musste.
Patrick kicherte. „Dann würde ich sagen, hast Du wie auch ich alles richtig gemacht. Denn dann hättest Du wirklich losgelassen und Dich auf dieses kleine Experiment hier eingelassen und mir wäre es gelungen, zu Dir vorzudringen und ein wenig Vertrauen aufzubauen; also ist doch noch nicht gänzlich alles verloren und Dir fehlte lediglich ein kleiner Schubser in die richtige Richtung, um Dich zu öffnen.“
„Darf ich Dir eine Frage stellen?“, kam es umgehend von Sandra.
„Ja, natürlich. Was möchtest Du wissen?“
„Wie viele hast Du damit schon rumgekriegt?“
Patrick stutzte. „Wie? Rumgekriegt?“
„Na, wie viele Patienten hast Du schon auf diese Weise aus dem Haus und dann auch noch zum Reden bekommen?“
Nun war es Patrick, der sich versteifte, Sandra von sich wegschob und selbst auch noch weiter nach hinten rutschte, um Abstand zwischen sie beide bringen zu können, als er sich gewahr wurde, was sie ihm hier gerade unterstellen wollte. „Du meinst also, dass ich mir immer wieder einen Patienten schnappe, ihm Freundschaft vortäusche, um so sein Vertrauen zu gewinnen?“, schlussfolgerte Patrick.
„Was? Nein! So war das doch gar nicht gemeint! So wie Du das sagst, klingt das wirklich niederträchtig“, entgegnete Sandra deprimiert und setzte sich wieder richtig herum auf die Bank.
„Aha, das merkst Du also selbst; wie kommst Du dann auf einen solch abwegigen Gedanken?“, erwiderte Patrick verständnislos.
„Ich weiß auch nicht…“, versuchte Sandra zu erklären und strich sich nervös mit der rechten Hand über ihre kurz geschnittenen Haare, ballte dann aber die Hand zur Faust und nahm sie wieder herunter. „Es klang eben wie schon 1000-fach gesagt. Doch das sollte keine Kritik sein; Du kannst das wirklich gut! Und wie man sieht, bin ich ja auch darauf angesprungen. Deine Worte wirken halt, wie einstudiert: Einatmen, Ausatmen, wie hört oder fühlt sich etwas an? Das sind Skills von Achtsamkeitsübungen…“, erklärte Sandra.
Patrick war überrascht und enttäuscht zugleich. Überrascht, da sie die Methoden der Wahrnehmung kannte und enttäuscht, dass sie ihn sogleich in irgendeine Schublade verfrachtete und ihn gar nicht wirklich an sich herankommen lassen hatte; eher war es nur eine Art Pflichterfüllung gewesen. Doch konnte er ihr wirklich ihre Reaktion übel nehmen? Sie sagte doch selbst, dass sich alles verkehrt anfühlte und sie sich schützen wollte, bevor sie sich in irgendetwas verrannte? War er es nicht auch gewesen, der das Offensichtliche übersehen hatte, das Ganze letzten Endes von der falschen Seite angegangen war? Und doch wohl nicht wirklich geglaubt hatte, dass der Weg, den er hier beschreiten wollte, leicht werden würde?
Patrick stöhnte laut auf, als er sich mit seinen Händen über das Gesicht rieb. „Wenn ich Dir jetzt sagen würde, dass ich so etwas noch nie zuvor gemacht habe; Du demnach die Erste bist und auch die Einzige bleiben wirst. Dann würdest Du mir dies sicherlich nur schwerlich abkaufen, habe ich recht?“, wagte sich Patrick zu fragen, ohne jedoch Sandra dabei anzusehen.
„Du willst mir also weismachen, dass Du noch nie mit einem Patienten spazieren gegangen bist?“, fragte Sandra ungläubig.
„Was?“, kam es verwirrt von Patrick und er erhob sich schwungvoll von der Bank; er musste jetzt stehen. „Natürlich bin ich schon mit vielen Patienten spazieren gegangen; an der frischen Luft lässt es sich für die meisten leichter reden als in einem stickigen Arztzimmer. Doch ich hatte bislang nicht das Bedürfnis, diejenigen auch in meine Arme nehmen zu wollen“, gestand Patrick. Dann wandte er sich zu Sandra um und sah ihr in die Augen. „Sandra, ich sagte doch vorhin schon, dass ich Dich heute nicht als Arzt konsultiert habe, sondern mir erhofft hatte, dass Du mich als eine Art Freund ansehen könntest. Und mir ging es dabei nicht nur darum, dass Du Dich dann vielleicht öffnest, um der Therapie eine Chance zu geben. Denn dass Deine Ärzte gerade etwas ratlos sind, war nicht gelogen. Ungeachtet dessen war und bin ich im Moment nur im eigenen Interesse und dazu auch noch gänzlich privat unterwegs“, offenbarte Patrick.
Sandra machte ein verdutztes Gesicht, denn sie konnte nicht ganz folgen.
Patrick hockte sich vor ihre Beine, nahm ihre Hände in seine und sah ihr so lange in ihre auf einmal wieder grünen Augen, bis sie von sich aus wegsah. Dann sagte er: „Eigentlich wollte ich Dir das heute noch überhaupt nicht sagen, aber ich werde wohl nun nicht mehr darum herumkommen, damit Du mir glaubst: Ich habe Dich nur deshalb aus dem Haus haben wollen, weil ich mit Dir allein sein wollte. Ich wollte Dich näher kennenlernen, und ich betone es noch einmal, ganz privat von Mann zu Frau! Schon seit Deiner Ankunft hier in der Klinik gehst Du mir nicht mehr aus dem Kopf.“ Sandra machte große Augen und ihr stand der Mund weit offen. Irritiert und entsetzt zugleich starrte sie den Mann vor sich an. „Und falls meine Worte eben das Gefühl heraufbeschworen, dass sie leicht einstudiert wirkten, liegt das schlicht daran, dass ich nun einmal Psychotherapeut bin und weiß, wie ich Worte und Stimme einzusetzen habe, um auf mein Gegenüber eingehen zu können; das ist meine tägliche Arbeit. Doch es sollte definitiv kein Trick oder Berechnung sein, um Dich zum Reden zu bringen; es diente einzig Deiner Entspannung. Wie gesagt, ich bin keiner Deiner Ärzte und mir persönlich ist es im Grunde auch egal, ob Du mit ihnen sprichst oder weiterhin schweigst, solange Du für mich nicht verschlossen bleibst. Denn ich bin wirklich, so bitte glaube mir, hier ganz eigennützig unterwegs: Ich, Patrick Müller – als Privatperson –, möchte die Frau kennenlernen, die hier vor mir auf der Bank sitzt!“
„Müller? So wie der Klinikchef Müller?“, kam es Sandra in den Sinn.
„Ja, er ist mein Vater“, gestand Patrick.
„Auch das noch!“, stöhnte Sandra auf. „Und warum ausgerechnet ich?“, kam es noch immer verständnislos von ihr. „Ich bin klein, dick und hässlich!“
„Halt, Stopp! Bist Du das wirklich? Oder bist Du im Moment nur nicht in der Lage, das zu sehen, was ich sehe?“, erwähnte Patrick und zog dabei Sandra auf ihre Beine.
Erst jetzt, nachdem sie dies auch gesagt hatte, wurde ihm wieder bewusst, dass sie wirklich klein war. Sie ging ihm gerade einmal bis zur Schulter. Doch das störte ihn nicht; ihm gefiel es viel mehr. Vorsichtig legte er seine rechte Hand an ihr Kinn und hob ihren Kopf leicht an, damit sie ihn ansah; ihn ansehen musste. In ihrem Blick lagen wieder all ihre Seelenpein und ihre Unsicherheit, ein wenig Verständnislosigkeit und leichte Züge ihres Angriffs- und Verteidigungsmechanismus. Aber auch ein kleiner Funken Hoffnung sprach aus ihren Augen; ließ sie kurzweilig aufleuchten. Ihre Pupillen waren geweitet, ihre Wangen hatten ein tiefes Rosa angenommen und ihr Mund stand einen Spaltbreit offen, um besser Luft holen zu können. Ihr Puls raste unter seinen Fingerspitzen am Hals: Ja, in ihrem Körper steckte Leben und er wollte nur zu gerne an diesem teilhaben. Er wollte sie strahlen und wieder lachen sehen; wollte wissen, wie es sich anfühlte, sie zu lieben und ihre eigene Liebe zu spüren, wenn sie sich fallen ließ und endlich wieder frei atmen konnte. Er wollte sie glücklich machen! Doch dazu musste er sie erst einmal aus ihrem Schneckenhaus – ihrem Schutzwall – herausbekommen. Doch dafür musste sie sich ihm gegenüber öffnen, ihm vertrauen und sich auf ihn einlassen. Konnte sie das? Und was noch viel entscheidender war: Würde sie es überhaupt zulassen?
Er wusste es nicht; vor allem nicht, wie lange es eventuell auch dauern würde, Vertrauen aufzubauen und daran festzuhalten. Doch das, was er dafür umso mehr wusste, war, dass die Zeit im Moment gegen sie lief: Eine Reha ging meist fünf bis sechs Wochen, manchmal auch bis zu acht. Aber so oder so war bereits eine Woche vergangen. Er musste also seine nächsten Schritte, Taten und Worte besonders gut abwägen, um ihr begreiflich zu machen, dass er ehrliche Absichten mit ihr hatte. Also harrte er vorerst aus, ließ seine rechte Hand an ihrem Kinn und strich hauchzart mit seinem Mittelfinger über ihre Halsschlagader.
Er sah ihr aufmerksam in ihre noch immer grünen, aber schon einen Deut wieder dunkler gewordenen Augen und hoffte auf eine Reaktion von ihr. Und sie kam; sogar ziemlich schnell: „Du hast gesagt, dass ich Dir seit meiner Ankunft hier in der Klinik nicht mehr aus dem Kopf gehe; aber was habe ich denn gemacht? Ich kann mich nicht einmal entsinnen, dass wir uns vor heute Abend überhaupt schon einmal über den Weg gelaufen sind“, erwähnte Sandra und man konnte ihr ansehen, dass sie ziemlich durcheinander war.
Patrick lächelte sinnlich und fragte: „Ist Dir denn gestern in der Borderline-Therapiestunde keine Besonderheit aufgefallen?“ Verständnislos blickte Sandra zu Patrick auf. „Hast Du wirklich nicht mitbekommen, dass bei der Sitzung zwei Therapeuten anwesend waren?“, hakte Patrick nach.
Sandra machte große Augen. „Der Arzt auf dem Sideboard, das warst Du?!“
Patricks Lächeln wurde breiter. „Ja, das war ich. Und obwohl ich Dich eigentlich die ganze Zeit, die Du auf der Fensterbank saßt, angestarrt habe, hast Du nicht eine einzige Notiz von mir genommen. Es schien fast so, als sei ich Luft für Dich. Ganz im Gegenteil von dem Blondchen in Deiner Gruppe“, kam es seufzend von Patrick.
Sogleich verdrehte auch Sandra die Augen. „Lass mich nur mit der in Ruhe!“
„So schlimm?“, fragte Patrick mitfühlend.
Sandra stöhnte erneut. „Es vergeht im Grunde nicht ein einziger Moment, wenn wir aufeinandertreffen, in dem sie nicht meint, mich in irgendeiner Form schikanieren oder runtermachen zu müssen. Es ist, als würde ein Zettel an meiner Stirn kleben, auf dem steht: Hier, nimm mich, ich bin ein williges Opfer, also labere mich zu! Gerade so eine kann ich in den Therapiesitzungen echt nicht gebrauchen!“
„Ist sie also der Grund, warum Du Dich aus allem heraushältst und man den Eindruck bekommt, als seist Du gar nicht wirklich anwesend?“, horchte Patrick auf.
„Nicht direkt, aber wenn sie den Raum betritt, habe ich schon keinen Bock mehr und würde am liebsten wieder rückwärts aus dem Raum entschwinden. In ihren Augen habe ich in der Klinik nichts zu suchen, denn ich habe ja nichts; jedenfalls nichts Dramatisches, das einen Aufenthalt hier in der Klinik rechtfertigen würde. Laut ihrer Aussage bin ich einfach nur ein bisschen dumm im Kopf und brauche mich deshalb nicht zu wundern, dass ich nichts in meinem Leben gebacken und auf die Reihe kriege. Sie musste dagegen schon so viel Leid ertragen; ein Wunder, dass sie überhaupt noch die Kraft aufbringen konnte, sich noch nicht das Leben genommen zu haben. Und nur aufgrund des guten Zuredens ihres Papis hat sie diese beschwerliche Reise hier in die Reha auf sich genommen. Welches Trauma ihr aber angeblich zugestoßen ist, nun darüber hüllt sie sich mehr als in Schweigen bzw. spricht sie in Phrasen, bei denen Du Dir selbst irgendwas zusammenreimen darfst. So schlimm kann es aber nicht sein, wenn sie noch genügend Kraft und Zeit aufbringen kann, sich an mir auszulassen; meine Meinung“, berichtete Sandra und schon bildete sich wieder ein dicker Kloß in ihrem Hals und Tränen brannten in ihren Augen.
Patrick konnte die Verzweiflung und Ungerechtigkeit in Sandra geradezu spüren und zog sie umgehend wieder in seine Arme. Sogleich fing sie auch an zu weinen; sie war mit den Nerven am Ende, denn statt Hilfe hier in der Klinik zu bekommen, musste sie sich weiterhin mit Dingen herumschlagen, die einer Heilung mehr als im Wege standen. Kein Wunder also, dass sie sich lieber im Hintergrund hielt und schwieg.
Patrick seufzte hingebungsvoll. Irritiert davon blickte Sandra mit verweinten Augen zu ihm auf und verlor sich dieses Mal in dem hellen, stechenden Blau seiner Augen.

Patrick hielt sie weiterhin mit seiner linken Hand in ihrem Rücken in seinem Arm, während seine rechte Hand wieder einmal ihre linke Wange umschloss und er mit dem Daumen die Tränen von ihrer Haut wischte. „Was ist eigentlich vorgefallen, dass ihr zwei euch schon seit der Ankunft hier in der Klinik nicht gerade sympathisch seid?“, fragte er vorsichtig an. Sandra machte ein überraschtes Gesicht. „Ich sagte doch, dass Du mir seit Deiner Ankunft nicht mehr aus dem Kopf gehst: Ich habe Euren kleinen Disput, als Dein Koffer meinte, sich an der Laufschiene der Eingangstür festklemmen zu müssen, mitbekommen. Denn ich war zu dem Zeitpunkt im Foyer zugegen. Und nur einmal nebenbei bemerkt, Dein Koffer war nicht der Erste, der dort hängenblieb. Dass Du ihr dann aber die Zunge herausgestreckt hast, das fand ich schon ganz witzig“, offenbarte Patrick mit einem breiten Grinsen, das sogar Sandra zum Lächeln brachte.
„Wow!“, hauchte Patrick und umschloss mit beiden Händen ihr Gesicht. Sogleich schreckte Sandra zurück. „Nein, nicht! Lauf nicht weg und schau mich bitte auch nicht so verängstigt an. Ich war nur gerade mächtig verzaubert von Deinem kleinen, amüsierten Lächeln. Das steht Dir bei weitem besser als diese ernste Miene. Aber ich weiß, warum diese derzeit hauptsächlich Dein Gesicht ziert. Und deshalb bist Du doch auch hier, weil es Dir nicht gut geht. Trotzdem war Dein Lächeln eben hinreißend. Darf ich es deshalb bitte noch einmal sehen; ich verrate es auch keinem“, neckte Patrick Sandra. Prompt sprang sie darauf an und ihre Lippen kräuselten sich wieder nach oben.
„Du bist so hübsch, wenn Du lächelst!“, offenbarte Patrick und schneller als Sandra gucken konnte, lagen auch schon seine Lippen auf ihrem Mund. Sie zog heftig Luft in ihre Lungen und öffnete dafür reflexartig ihre Lippen und schon schob sich seine Zunge in ihre Mundhöhle.
Wie eine Sternenexplosion durchzuckte ein gewaltiges Kribbeln Sandras Magengegend und ein stumpfes Keuchen entwich ihrer Kehle. Sogleich umschlang Patrick Sandras Körper wieder mit seinen Armen und hielt sie fest an sich gedrückt, ohne von ihren Lippen abzulassen. Er forderte sie zu einem wilden Katz- und Maus-Spiel ihrer Zungen heraus, welches Sandra die Sinne schwinden ließ, sodass sie ganz automatisch darauf einging. Sie krallte sich mit ihren Händen an seinen Seiten fest, da sie befürchtete, sonst umzukippen. Alles drehte sich in ihr und sie fühlte sich auf einmal, als könnte sie fliegen.
Doch plötzlich riss Sandra die Augen auf und versuchte den Mann, der sie eben noch so sicher im Arm gehalten hatte, von sich wegzustoßen. „Hey! Was machst Du?“, japste sie und wollte sich nervös wieder durch die Haare fahren, doch dort waren keine langen Haare mehr. „Oh, mein Gott!“, rief sie laut, völlig durcheinander und schon leicht in Panik. Tränen standen ihr abermals in den Augen, und sie fing an, heftig und unkontrolliert nach Luft zu schnappen.
„Wow, wow, wow, wow, wow!“, rief Patrick und umfing erneut ihren Körper. „Ganz ruhig! Atme langsam und gleichmäßig, sonst kippst Du mir hier gleich um! Beruhige Dich bitte. Alles ist gut, es ist nichts passiert.“
„Nichts passiert?!“, echauffierte sich Sandra von Neuem und abermals wollte sie sich nervös durch die Haare streichen, doch erneut griff sie ins Leere. Verzweifelt blickte sie auf ihre Hand, welche wieder einmal angefangen hatte zu zittern. Aber nicht nur ihre Hand; ihr gesamter Körper zitterte wie Espenlaub.
Bestimmt, aber ruhig strich Patrick Sandra über den Rücken und hielt sie damit eng an seinen Körper gepresst. „Ruhig… Ganz ruhig… Bitte beruhige Dich. Wir können über alles reden… Bitte verzeih auch, dass ich Dich eben ein wenig überrumpelt habe“, sagte Patrick gänzlich gefasst.
„Ein wenig ist gut!“, kam es noch immer völlig aufgebracht von Sandra. „Was sollte das?!“, wagte sie sich zu fragen, auch wenn sie die Antwort darauf lieber erst gar nicht hören wollte.
„Das klingt jetzt bestimmt ziemlich plump: Aber es ist einfach so über mich gekommen. Es tut mir leid, ich wollte Dich nicht in Bedrängnis bringen. Es ist einfach auch nur so, dass mir hier gerade mächtig die Zeit durch die Finger rinnt; da unsere Zeit so knapp bemessen ist. Deshalb habe ich mich eben von meinen Trieben verleiten lassen. Bitte entschuldige. Ich hoffe nur, dass ich Dir jetzt nicht Deine Reha ruiniert habe?“, kam es auf einmal Patrick in den Sinn und besorgt sah er zu Sandra herunter.
Sie drückte sich von ihm weg und so ließ er sie los. Er sah sie schon davonlaufen, doch sie blieb zwei Schritte vor ihm stehen und sah ihm stattdessen wieder direkt in seine Augen und schwieg.

„Habe ich es jetzt versaut?“, fragte Patrick nach einem kurzen Moment der Stille.
Wieder wollte sich Sandra mit der Hand durch die Haare fahren und wieder sah sie nur apart ihre Hand an und fluchte diesmal sogar laut, als sie wieder keine Haare zu greifen bekommen hatte. Patrick schloss umgehend wieder zu ihr auf und umfing sie sanft mit seinen Armen. „Du trägst Deine Haare noch nicht lange kurz, habe ich recht?“
Sandra verdrehte die Augen. „Das war so ‘ne dumme Kurzschlussreaktion. Und ich hasse mich dafür!“
Prompt landete Patricks rechte Hand wieder an ihrem Kinn. „Hey, nicht! Es sind nur Haare, die wachsen wieder – auch wenn es jetzt vielleicht etwas länger dauern könnte. Aber Hass? Der ist hier gänzlich fehl am Platz.“ Sandra schloss kurz die Augen und seufzte tief, um sich wieder selbst zu beruhigen. „Wie lang waren denn Deine Haare?“, fragte Patrick.
„Sie gingen mir bis über meine Schulterblätter und ich konnte mir einen schönen Pferdeschwanz machen; auch wenn ich von dem meist Kopfschmerzen bekam. Früher gingen sie mir sogar bis weit über den Po“, erzählte Sandra, wenn auch noch immer leicht gefrustet. „Aber nun auch egal. Du hast mir meine Frage von eben noch nicht beantwortet: Was sollte das? Warum hast Du mich geküsst?“
„Ist das denn so schwer zu erraten?“, erwiderte Patrick.
„Ich verstehe es trotzdem nicht.“
„Was verstehst Du denn nicht?“, fragte Patrick.
„Warum ich? Und vor allem, was habe ich getan, um Deine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Du sagtest doch selbst, dass Du mich so gut wie nur in meinem Zimmer verweilen sehen hast…?!“, warf Sandra die Fakten auf den Tisch.
„Nun, Du hast im Grunde gar nichts getan, außer vor einer Woche diese Klinik zu betreten“, begann Patrick.
„Ja, und weil mein Koffer umfiel…“, wollte Sandra erwähnen, doch Patrick unterbrach sie gleich wieder.
„Nein, der hatte rein gar nichts damit zu tun. Denn meine Aufmerksamkeit galt bereits dem blauen Shuttlebus, als er die Auffahrt hinauffuhr; da hatte ich Dich noch gar nicht gesehen. Ich weiß auch nicht, es war wie eine innere Stimme, die mir sagte, dass ich alles stehen und liegen lassen und mich zur Eingangstür wenden sollte. Tja, und dann tauchtest plötzlich Du auf: Ein riesiger blauer Koffer wurde von einem kleinen Persönchen mit kurz rasierten Haaren hereingeschleppt. Das Gesicht aschfahl, die Miene tief betrübt, doch Deine dunklen Augen leuchteten. Sie funkelten regelrecht; vor allem, als Du der anderen die Zunge herausgestreckt hast. Da war etwas an Dir, das mich magisch anzog und eigentlich noch immer anzieht und mein Herz schneller schlagen lässt: Deine Aura.“
„Meine Aura?“, fragte Sandra ungläubig.
„Ja, Deine innere Ausstrahlung: Kampfgeist, Willenskraft – sprich, ein Ziel vor Augen und eben Leidenschaft; intensive Leidenschaft! In Dir steckt so viel Gefühl, dass Du eigentlich platzen müsstest, weil das alles gar nicht wirklich in Deinen kleinen Körper passt“, fasste Patrick zusammen. Noch immer sah Sandra ihn irritiert an. „Hmmm, wie soll ich es in Worte fassen, was man eigentlich nur sehen und spüren kann? Du strahlst eine gewisse unbändige Energie aus. Etwas, das wie eingesperrt wirkt oder wie an die kurze Leine genommen und nur darauf wartet, endlich freigelassen zu werden, ausbrechen zu können und erlebt zu werden. Vielleicht meinte deshalb die Blonde aus Deiner Gruppe, Du gehörst hier nicht her, weil Du nichts hast…? Denn dass Du leben willst, das ist mehr als offensichtlich; zumindest für mich ist dies regelrecht spürbar, wenn nicht sogar schon fast greifbar. Und das hat jetzt weniger damit zu tun, dass Du Dir Hilfe in einer Reha-Klinik gesucht hast; das war eigentlich nur der Startschuss. Denn Du hast genug von irgendwelchen Kompromissen oder auferlegten Grenzen. Und dies sieht man an Deinen Augen, Deinem Blick, Deiner Mimik und Deiner Körperhaltung; auch wenn Du dies schon wohl eine ganze Weile selbst nicht mehr zu sehen scheinst, spürst oder die Hoffnung daran fast aufgegeben hast.“
Sandra machte daraufhin ein betrübtes Gesicht, denn es schien, als würde Patrick ihr aus der Seele sprechen.
„Aber eigentlich magst Du die Hoffnung daran gar nicht aufgeben, habe ich recht? Denn sie ist es, die Dich ununterbrochen weitermachen, Tag für Tag all den Scheiß, den Du erlebt hast und der Dir noch immer widerfährt, überstehen lässt. Wie Du schon gesagt hast: Du stehst immer wieder auf, egal, wie tief Du hinuntergestürzt bist. Und sicherlich schwinden die Kräfte, werden mit der Zeit weniger. Aber noch sind sie da und sie werden sich auch wieder regenerieren, wenn Du es zulässt, dass Dich jemand führt, Dich anleitet und Dir beisteht. Dürfte ich dieser jemand sein und vielleicht auch noch ein wenig mehr?“
In Sandra zog sich alles zusammen, denn Patrick schürte in ihr auf einmal wieder all ihre Wünsche und Träume, an die sie nicht nur schon lange nicht mehr gedacht, sondern die sie schon seit Jahren tief unter der Erde begraben hatte. Zumindest glaubte sie bis eben daran, dass sie dies getan hätte. Doch da waren sie auf einmal alle wieder und überfluteten ihr Herz, ihre Seele; ihr ganzes Dasein. Prompt schossen ihr wieder die Tränen in die Augen, weil tatsächlich entschieden zu viel Gefühl in ihr steckte und herauswollte; herausmusste!
Sie japste laut auf, da sie kaum mehr Luft bekam und ihr Herz anfing zu stechen, so schnell hämmerte es in ihrer Brust. Ihr wurde schwindlig. Doch Patrick war da; hielt sie in seinen Armen sicher.
Völlig entgeistert blickte sie ihm ins Gesicht. Und als er ihr mit einem sanften Lächeln und mit seinen strahlenden himmelblauen Augen entgegenblickte, war es um sie geschehen: Sie umschlang mit ihren Armen seinen Hals und zog seinen Kopf zu sich herunter und presste dann mit aller Kraft ihren Mund auf seinen. Abermals überkam sie eine gewaltige Entladung von Elektrizität, alles in und an ihr kribbelte und sie hatte in dem Moment nur einen einzigen Wunsch, sie wollte diesen Mann vor sich küssen, seinen Körper an ihrem spüren und der Leidenschaft freien Lauf lassen, die da unter der Oberfläche schon so stark pulsierte. Und als hätte Patrick all das, was gerade in ihr vorging, ebenfalls gespürt, erwiderte er ihren Kuss mit der gleichen Intensität und Leidenschaft. Ihre Zungen fanden sich erneut zu einem nicht enden wollenden Tanz, und seine Hände wanderten unkontrolliert über ihren Rücken und ihr Gesäß. Er schob sie näher an sich heran, wollte die Hitze, die sie in ihm entfacht hatte, mit ihr teilen. Wennschon, dann sollten sie beide lichterloh in Flammen stehen und innerlich brennen.
Das Bellen eines Hundes ließ sie dann jedoch recht abrupt wieder zu Sinnen kommen und eine eisige Gänsehaut überzog Sandras Rücken. Wieder einmal stemmte sie sich mit ihren Händen von Patricks Brust ab und wieder einmal entließ er sie ergebend aus seinen Armen…


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„Und immer wenn ein Mensch seine Zukunft plant, fällt das Schicksal im Hintergrund lachend vom Stuhl“